"Geteilte Erfahrung. Über den epistemologischen Insiderismus"

Im öffentlichen Diskurs wird oft unterstellt, jemand müsse eine bestimmte Erfahrung gemacht haben, um sich hinsichtlich dieser Erfahrung kompetent äußern zu können. Erfahrungen, auf die dies in erster Linie zutrifft, sind soziale Erfahrungen, oder, um genauer zu sein, Erfahrungen, die mit einer bestimmten sozialen Identität verbunden sind.  

So fehle zum Beispiel Männern bei bestimmten Themen, die Frauen betreffen, Weißen bei Themen, die Schwarze betreffen oder Westdeutschen bei Themen, die Ostdeutsche betreffen der Zugang zu den relevanten Erfahrungen, und damit entgehe ihnen eine  entscheidende epistemische Perspektive. Roger Brubaker hat diese Position einmal „epistemological insiderism“ genannt. In meinem Vortrag möchte ich gegen die Konsequenz des epistemolgischen Insiderismus argumentieren und zwar in dem ich mir anschaue, was es heißt, eine Erfahrung zu teilen und ob es Gründe gibt, die dafür sprechen, dass die Identität des Erfahrungssubjekts Teilbarkeit prinzipiell ausschließt.

Zur Person  
Geboren und aufgewachsen in Ostberlin hat Andrea Lailach Philosophie und Germanistik an der Humboldt Universität zu Berlin studiert, wo sie auch mit einer Arbeit über die intersubjektiven Bedingungen von Selbstbewusstsein promoviert wurde („Ich und die Anderen. Zu den intersubjektiven Bedingungen von Selbstbewusstsein“, DeGruyter 2011). Nach Stationen als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität Stuttgart brachte sie ein Fellowship des Zukunftskollegs an die Universität Konstanz. Seit 2018 unterrichtet sie am Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft politische Theorie. Sie ist außerdem Vorsitzende der interdisziplinären Arbeitsgruppe Philosophie und Psychologie.