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Annette Hilt (Koblenz): „Poiesis und Praxis - Ein Weg von Heideggers Technikdenken zu einer sozialen Lebenskunst“

Philosophie Veranstaltungen

Poiesis und Praxis - Ein Weg von Heideggers Technikdenken zu einer sozialen Lebenskunst

Annette Hilt (Koblenz)

 

Abstract:

Wird Martin Heideggers Denken über die Technik häufig ein zivilisationskritischer, kulturkonservativer und vor allem anti-aufklärerischer Impetus zugeschrieben, der seine frühere Philosophie von Sein und Zeit „verweltanschauliche“ (Habermas), so ließe sich daraus wohl auch schnell folgern, dass die Möglichkeiten einer noch zu gewinnenden ‚Lebenskunst‘ aus Heideggers Denken eher in autoritäre, völkische Lebensformen verweisen, die ihre Bestätigung in ‚Geschick‘ oder ‚Schicksal‘ einer alternativen Seinsgeschichte oder dem kontemplativen Denken abseits öffentlicher Diskurse suchen.

Der Soziologe Armin Nassehi hat zuletzt Heideggers Beschreibung der neuzeitlichen Technik als eine „höchst moderne Diagnose“ für die Entwicklung unserer komplexen digitalisierten Gesellschaft dargestellt. Ausgehend von einigen Überlegungen Nassehis, wie moderne (digitale) Technik auf Komplexitäts- und Ordnungsprobleme moderner Gesellschaften antwortet, wird der Vortrag zum einen einführen in Heideggers „Frage nach der Technik“, zum anderen diese Frage weiterführen mit dem Freiburger Sozialphänomenologen und Husserl-Schüler Eugen Fink, der Heideggers Diagnosen dahingehend aufgegriffen hat, wie wir aus einer Verständigung über unsere Technologien nicht nur tragfähige Klassifikationssysteme solcher komplexen Gesellschaften gewinnen können, sondern daraus auch Möglichkeiten, diese Systeme zu verändern, unser Selbst- und Weltverhältnis anders zu gestalten als in den stabilen Mustern unserer (Sozial-)Technologien: Uns darüber neu zu verständigen, was das eigentlich ist, was wir ‚Gesellschaft‘ nennen.

Dies kann ein Ausblick auf eine ‚soziale Lebenskunst‘ sein, die auch in Heideggers Fragen nach der Technik angelegt ist und gerade nicht auf eine exklusive Wahrheit eines Geschicks der Seinsgeschichte zielt, sondern auf eine Auseinandersetzung, was es bedeuten könnte, den Umgang mit Komplexität nicht allein Steuerungstechnologien zu überlassen, sondern dies als Aufgabe für eine Selbstverständigung darüber, was Gesellschaft, Öffentlichkeit und ihre Gestaltung ausmacht, wahrzunehmen: Und zwar eben auch als eine praktische Philosophie, die zu verantwortlichem Denken wie Handeln fähig machen will.

 

 

Zur Person:

Annette Hilt lehrt und forscht an der Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung in Koblenz. Ihre Interessen liegen in einer aus der Phänomenologie und Hermeneutik orientierten Perspektive, wie wir Lebenswelt, Gesellschaft und Wissenschaft verstehen und gestalten können, uns über die unterschiedlichen Deutungen der Geschichte, gegenwärtiger sozio-kultureller Strukturen und der Zukunft, wie wir leben wollen, verständigen. Bevor sie 2020 als Professorin für Philosophie nach Koblenz kam, war sie tätig an den Universitäten Freiburg, Heidelberg und Mainz.

Details

25.04.2022, 16:30 Uhr - 18:00 Uhr
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