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Newsmeldung

Nachruf auf Helmut Maaßen

Das Institut für Philosophie trauert um Dr. Helmut Maaßen.

Das Institut für Philosophie trauert um Dr. Helmut Maaßen, der nach kurzer schwerer Krankheit bereits am 31. Juli 2023 verstorben ist. Er war dem Institut seit 2010 als regelmäßiger Lehrbeauftragter verbunden und hat als Gründungsmitglied und Präsident der Deutschen Whitehead Gesellschaft wie auch der European Society for Process Thought wichtige Beiträge zur Forschung und zur internationalen Vernetzung der Prozessphilosophie geleistet.

Helmut Maaßen wurde am 18. Dezember 1946 in Recklinghausen geboren. Nach dem Abitur studierte er Philosophie und evangelische Theologie zuerst in Münster und Tübingen, um dann sein Studium mit Unterstützung eines DAAD-Stipendiums am Union Theological Seminary der Columbia University in New York abzuschließen. Dort lernte er auch seine spätere Ehefrau Lalitha kennen, mit der er seit 1974 verheiratet war. Im Anschluss an das Staatsexamen arbeitete Helmut Maaßen einige Jahre als Vikar in Bethel, bevor er von 1974 bis 1980 am Gymnasium in Duisburg-Rheinhausen als Religionslehrer tätig war. 1980 wechselte er an das Kardinal-von-Galen Gymnasium in Kevelaer, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2007 Philosophie und Religion unterrichtete. Im selben Jahr zog er gemeinsam mit seiner Frau an die holländische Grenze nach Geldern-Pont, wo er bis zu seinem Tod lebte.

Mit großem Engagement widmete Helmut Maaßen sich parallel zu seiner Unterrichtstätigkeit der Forschung, oftmals im Grenzbereich von Philosophie und Theologie. Seine Dissertation über Gott, das Gute und das Böse in der Philosophie A.N. Whiteheads, die 1988 im Verlag Peter Lang veröffentlicht wurde, nimmt die Prozessmetaphysik Whiteheads zum Ausgangspunkt einer Neubestimmung der Theodizeeproblematik. Gott wird hier als veränderlich begriffen; Freiheit und Verantwortung des Menschen gehen einher mit einer Begrenzung der göttlichen Allmacht. 1990 nutzte er ein Sabbatjahr für einen Forschungsaufenthalt an der Boston University, wo er gemeinsam mit Hermann Deuser eine deutsche Edition der religionsphilosophischen Schriften von Charles S. Peirce erstellte. Neben Aufsätzen zu philosophiegeschichtlichen, ästhetischen und interkulturellen Aspekten der Philosophie Whiteheads ist besonders die gemeinsam mit Michael Hampe herausgegebene Materialiensammlung zu Whiteheads Prozeß und Realität hervorzuheben, die 1991 in zwei umfangreichen Bänden bei Suhrkamp erschien und wegweisend für die deutschsprachige Rezeption der Prozessmetaphysik war. Ein weiteres Sabbatjahr verbrachte er 2000 an der Jawarhalal Nehru University in Delhi. Indien, dem Geburtsland seiner Frau, war er auch über den Lehr- und Forschungsaufenthalt hinaus innig verbunden. Gemeinsam organisierte das Ehepaar regelmäßig kulturelle Rundreisen für eine wachsende Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die neben Indien auch andere Länder Südostasiens zum Ziel hatten, und nach seiner Pensionierung nahm Helmut Maaßen zusätzlich zur deutschen auch die indische Staatsbürgerschaft an.

Das Ende des regulären Berufslebens verstand er als Gelegenheit, sich mit neuem Engagement der Philosophie zuzuwenden. 2007 unterrichtete er an der Claremont School of Theology in Kalifornien, und die zweite International Whitehead Conference im Dezember 2008 nahm er zum Anlass, die deutschsprachige Whitehead-Forschung in Form der Deutschen Whitehead Gesellschaft auch institutionell zu verankern. Seit der offiziellen Gründung Anfang 2010 stand er der Gesellschaft, ebenso wie der im selben Jahr gegründeten European Society for Process Thought, als Präsident vor und organisierte in diesen Funktionen gemeinsam mit deutschen und europäischen Kolleginnen und Kollegen mehrere Konferenzen und Sommerschulen. Wesentlich auf seine Initiative geht auch die Einrichtung des Whitehead-Archivs an der Heinrich-Heine-Universität zurück, für das er einen beachtlichen Teil seiner umfangreichen Privatbibliothek spendete. Seit 2010 unterrichtete Helmut Maaßen als Lehrbeauftragter regelmäßig und mit großem Erfolg am Institut für Philosophie, überwiegend im Bereich der Philosophie Whiteheads, der Ästhetik und der Metaphysikgeschichte.

Neben seiner Fachkompetenz und seinem didaktischen Geschick zeichnete Helmut Maaßen sich aus durch ein beeindruckendes Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und akademischen Kontexten zusammenzubringen und für gemeinsame Ideen zu begeistern. In einem weit überdurchschnittlichen Maße betreute er als Lehrbeauftragter Bachelor- und Masterarbeiten und unterstützte den wissenschaftlichen Nachwuchs bei den ersten Schritten der akademischen Laufbahn. 2015 wurde er für sein lebenslanges Engagement für die Whitehead-Forschung mit dem Common Good Award des International Process Network ausgezeichnet. In seinen letzten Lebensjahren widmete er sich einer umfassenden historischen und systematischen Arbeit zur Philosophie der Musik, die aufgrund seines unerwarteten Todes unvollendet bleibt. Seiner Frau und seinen Angehörigen gilt unser tief empfundenes Mitgefühl.

Dennis Sölch

Kategorie/n: Allgemein, Philosophie, Aus den Instituten
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