Die Veranstaltung ist Teil der “GAP Ringvorlesung: Tierethik”.
Die Ringvorlesung „Zwischen Wildnis und Polis – Aktuelle Debatten um die Ethik der Mensch-Tier-Beziehung” ist eine von der Gesellschaft für Analytische Philosophie finanzierte gemeinsame Hybridveranstaltung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der des Centrums für Bioethik der Universität Münster. Die Vorlesungen finden jeweils dienstags von 18:30 bis 20 Uhr statt (s.u. Terminplan) und können in Präsenz an einem der beiden Standorte besucht werden. Für Mitglieder der Gesellschaft für Analytische Philosophie ist auch eine Online-Teilnahme möglich.
Die Veranstaltungsreihe widmet sich neuen Forschungsansätzen in der Tierethik sowie den gesellschaftlichen Herausforderungen im Umgang mit Tieren. Der tierethische Diskurs hat sich in den letzten 15 Jahren erheblich weiterentwickelt und ausdifferenziert. Ein zentraler Trend ist der sogenannte „political turn”, bei dem Theoretiker_innen der politischen Philosophie die normative und politische Dimension der Mensch-Tier-Beziehung in den Fokus rücken. Sie heben hervor, dass die Allgegenwart von Tieren im menschlichen Einflussbereich eine Auseinandersetzung erfordert, die über rein individualmoralische Fragen hinausgeht und tierliche Individuen als Betroffene politischer Entscheidungsprozesse, vielleicht sogar als politische Akteure konzipiert. Parallel dazu hat sich eine intensive Debatte über die Lebensumstände von und die menschlichen Pflichten gegenüber wildlebenden Tieren entwickelt. Diese Entwicklung wurde durch kritische Auseinandersetzungen mit der Literatur der politischen Wende noch verstärkt. Ein dritter Schwerpunkt der aktuellen Forschung ist die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Empfindungsfähigkeit. Die Frage, welche Tiere als empfindungsfähig gelten und wie ihr Wohlergehen bewertet und verglichen werden kann, prägt die gegenwärtige Diskurslandschaft maßgeblich. Alle diese Entwicklungen erweitern das Blickfeld über negative Pflichten hinaus auf positive Pflichten gegenüber Tieren und deuten darauf hin, dass das Ausmaß menschlicher Verantwortung größer ist als bisher angenommen.
Die Themen der Ringvorlesung zeichnen auch die Diskrepanz zwischen fortgeschrittenen ethischen Debatten und der alltäglichen Praxis nach. Während in der Philosophie über Tiere als vollwertige Mitglieder politischer Gemeinschaften diskutiert wird, sind die meisten Tiere Praktiken unterworfen, die selbst von Kritikern solcher Theorien als kaum rechtfertigungsfähig angesehen werden. Auch bei globalen Krisen wie dem Klimawandel oder Pandemien bleiben Tiere als Betroffene und der menschliche Umgang mit ihnen als Ursache oft im Hintergrund. Ziel der Vorlesung ist es deswegen, eine interessierte Öffentlichkeit und insbesondere Studierende mit aktuellen Ideen, Streitpunkten und Perspektiven der Tierethik vertraut zu machen. Sie soll zur kritischen Reflexion über die gesellschaftliche Verantwortung und die ethischen Implikationen des menschlichen Umgangs mit Tieren anregen.