Moralische Urteile erscheinen uns oft als zwingend und indiskutabel. Es ist moralisch falsch, Unschuldige zu quälen – Ende der Diskussion. Die Menschenwürde ist unantastbar – Punkt. Wenn Menschen über moralische Ansichten streiten, nehmen wir typischerweise an, dass einer von beiden recht hat und der andere sich notwendigerweise irrt. Moral ist keine Geschmackssache und keine Frage der Perspektive. Oder?
Empirische Studien aus der moralischen Psychologie legen nahe, dass unsere moralischen Überzeugungen viel flexibler sind, als wir glauben. Sie hängen nicht nur vom kulturellen Hintergrund und unserer Erziehung ab, sondern auch von ganz konkreten situativen Faktoren. Was bedeuten solche Befunde für die Philosophie? Ist Moral womöglich doch eher Ausdruck persönlicher Präferenzen – aber keine objektive Tatsache?