Axel Bühler studierte an den Universitäten Wien 1966-68 (Soziologie, Philosophie, Germanistik), Heidelberg 1968 (Soziologie, Philosophie) und Mannheim 1968-72 (Soziologie, Wissenschaftslehre und politische Wissenschaften) sowie 1972-73 an der Stanford University (Philosophie). 1972 erwarb er das Diplom in Soziologie an der Universität Mannheim. Er wurde dort 1978 mit der Arbeit Überlegungen zur logischen Analyse intentionaler Sätze promoviert. Nach seiner Habilitation 1985 mit der Arbeit Bedeutung, Gegenstandsbezug, Skepsis wurde er Privatdozent für die Fächer 'Wissenschaftslehre und analytische Philosophie'. Von 1974 bis 1981 war Axel Bühler als wissenschaftlicher Mitarbeiter Hans Alberts am Lehrstuhl für Soziologie und Wissenschaftslehre an der Universität Mannheim tätig, von 1981 bis 1987 als Hochschulassistent an der dortigen Fakultät für Sozialwissenschaften. Von September 1982 bis Juni 1983 war er 'Visiting Fellow' am Department of Philosophy der Princeton University, USA. Von 1987 bis 1994 nahm er Vertretungsprofessuren für Philosophie an den Universitäten Düsseldorf (C4), München (C3), Göttingen (C2), Hamburg (C2), Mannheim (C4) und Gießen (C4) wahr. Ab 1988 entwickelte er ausgehend von dem DFG-Forschungsprojekt 'Elemente einer naturalistischen Hermeneutik' eines seiner wichtigsten Arbeitsgebiete. 1993 erfolgte die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor an der Universität Mannheim. 1995 wurde Axel Bühler als Universitätsprofessor an die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf berufen.
In seinen Schriften – drei Monographien, eine Edition, dazu Sammelbände sowie zahlreiche Aufsätze und Rezensionen – beschäftigte sich Axel Bühler vorwiegend mit Themen der Sprachphilosophie in Verbindung mit Fragestellungen aus den Bereichen Wissenschaftstheorie, Logik, Wahrheitstheorie, Ontologie, Bewusstseinstheorie und Hermeneutik. In seiner Dissertation, die 1978 unter dem Titel Die Logik kognitiver Sätze. Über logische Grundlagen der Argumentation in den Geistes- und Sozialwissenschaften erschien, geht Axel Bühler der Frage nach, welche Konsequenzen in argumentationstheoretischer und logischer Hinsicht aus dem Umstand zu ziehen sind, dass in jenen Wissenschaften Argumente, in denen kognitive Verben wie 'glauben', 'wünschen', 'wahrnehmen' etc. vorkommen, eine wichtige Rolle spielen. Ausgehend von den einschlägigen Theorien Freges und Hintikkas analysiert Axel Bühler die syntaktischen und semantischen Eigenschaften kognitiver Sätze. In seiner Habilitationsschrift, die 1987 unter dem Titel Bedeutung, Gegenstandsbezug, Skepsis. Sprachphilosophische Argumente zum Erkenntnisanspruch der Sozialwissenschaften erschien, verteidigt er den Erkenntnisanspruch der Geistes- und Sozialwissenschaften gegen Theorien, die behavioristischen Tendenzen in Psychologie und Soziologie Vorschub leisten. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen bedeutende Vertreter der amerikanischen Gegenwartsphilosophie, durch deren Theorien von der Unbestimmtheit der Übersetzung (Quine), der Unbestimmtheit der Interpretation (Davidson) sowie der Unerforschlichkeit des Gegenstandsbezuges (Quine, Davidson, Putnam) eine weiterführende Diskussion zentraler Fragestellungen traditioneller Disziplinen der Philosophie wie Semantik, Erkenntnistheorie und Ontologie kritisch hinterfragt wird. Axel Bühler konnte zeigen, dass in allen diesen Theorien skeptische Argumente eine zentrale Rolle spielen, die, wenn sie vollständig rekonstruiert werden, letztlich unplausible Prämissen erforderlich machen.
Einen durchgängigen Forschungsschwerpunkt von Axel Bühler bildete die Hermeneutik, und das sowohl in historischer als auch in systematischer Hinsicht. In historischer Hinsicht beschäftigte er sich mit Theorien der Textauslegung aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Charakteristisch für diese Theorien aus der Zeit der Aufklärung ist die Voraussetzung von Rationalität bei den auszulegenden Autoren und damit verbunden die Zielvorstellung, bei dem Verstehen eines Textes in einem methodisch kontrollierten Verfahren den Intentionen des Autors gerecht zu werden. Dieses hermeneutische Grundprinzip unterscheidet sich deutlich von der im 20. Jahrhundert weit verbreiteten Vorstellung, den Verstehensprozess als einen Aneignungsprozess von Inhalten aufzufassen, der von einem sich in der Zeit wandelnden Vorverständnis geleitet wird und der Anwendung des Textes auf die Situation des Interpreten dienen soll. Die Hermeneutik der Aufklärung ist insofern unzeitgemäß, woraus sich auch der Titel des von Axel Bühler 1994 im Klostermann Verlag herausgegebenen Sammelbandes Unzeitgemäße Hermeneutik. Interpretation und Verstehen im Denken der Aufklärung erklärt. Einen profunden Überblick über die Hermeneutik des 17. und 18. Jahrhunderts liefert Axel Bühler zusammen mit seinem italienischen Freund und Kollegen Luigi Cataldi Madonna in der Einleitung zu ihrer Edition von Georg Friedrich Meiers Text Versuch einer allgemeinen Auslegungskunst von 1757. Mit dieser Edition, die 1996 als Band 482 in der Philosophischen Bibliothek des Meiner Verlages erschien, wurde ein wichtiger Text der Aufklärung, in dem die oben erwähnte Rationalitätsvoraussetzung eine zentrale Rolle spielt, der Forschung wieder zugänglich gemacht. In systematischer Hinsicht befasste sich Axel Bühler mit der Hermeneutik als allgemeiner Theorie des Verstehens von Kommunikation und als Methodenlehre der Geistes- und Sozialwissenschaften. Wenn Prozesse des Verstehens und der Auslegung in den Geistes- und Sozialwissenschaften zu Ergebnissen führen sollen, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, müssen sie einer wissenschaftstheoretischen Selbstreflexion zugänglich sein, die die dabei angewendeten Regeln und Methoden offenlegt. Es stellt sich dann z.B. die Frage, ob und wenn ja wie sich das methodische Vorgehen des Verstehens und Auslegens in den Geistes- und Sozialwissenschaften von Methoden abgrenzen lässt, die seit langem in den Naturwissenschaften etabliert sind. Dieser und verwandten Fragestellungen sind die Beiträge eines zweiten Sammelbandes zur Hermeneutik gewidmet, den Axel Bühler 2003 unter dem Titel Hermeneutik. Basistexte zur Einführung in die wissenschaftstheoretischen Grundlagen von Verstehen und Interpretation in der Reihe Kolleg Synchron herausgegeben hat.
Charakteristisch für das philosophische Werk Axel Bühlers ist nicht nur die immer wieder propagierte argumentative Stringenz, sondern auch die präzise Einordnung der behandelten Theorien in einen Traditionszusammenhang skeptischer Argumente, der von der Antike über Descartes und Hume bis zu Wittgenstein und Kripke reicht. Dass er über das Instrumentarium der modernen Logik und Semantik souverän verfügte, belegt sein 1992 erstmals erschienenes, in mehreren Auflagen weiterentwickeltes Buch Einführung in die Logik. Argumentation und Folgerung, in dem er eine Darstellung der Logik bis zum Vollständigkeitssatz bietet, die auch unter didaktischen Gesichtspunkten Maßstäbe setzte. In seiner langjährigen akademischen Lehre, oft in Kooperation mit Kollegen und Schülern, hat er darüber hinaus – sowohl systematisch als auch historisch – zentrale Themen der theoretischen Philosophie behandelt, u.a. Fragen des Realismus, der Referenz oder Bedeutung, der Rationalität, des Verstehens und der Textauslegung, der Bewusstseinstheorie und der Wissenschaftstheorie.
Mit Axel Bühler verfügten das Institut für Philosophie und die Philosophische Fakultät über einen ausgezeichneten Kenner insbesondere der amerikanischen Gegenwartsphilosophie, einen versierten Wissenschaftstheoretiker der Geistes- und Sozialwissenschaften sowie einen sowohl durch systematische als auch durch historische Forschungen ausgewiesenen Experten der Hermeneutik. Den einzigen Pflichtbereich des Philosophiestudiums, den Bereich der Logik und Argumentationstheorie, vertrat Axel Bühler in Forschung und Lehre in allseits gerühmter Qualität. Seine Arbeiten zur Hermeneutik, zur Methodologie der Interpretation, brachten ihm Anerkennung auch über die Grenzen seines Faches und der Philosophischen Fakultät hinaus, wobei insbesondere seine Forschungen zur Wissenschaftstheorie in der Antike, speziell im Kontext der Ärzteschulen, hervorzuheben sind.
Aus seinen wissenschaftlichen Qualitätsansprüchen machte Axel Bühler kein Geheimnis. Mit aller Deutlichkeit bekannte er sich zur konsequenten Berücksichtigung historischer Quellen, zu den Erfordernissen präziser Argumentation, zu den Methodenstandards der analytischen Philosophie. Er gab der Kommunikation mit Fachkolleginnen und -kollegen, mit Schülerinnen und Schülern wertvolle Impulse, ihm gelang eine nachhaltige Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Vielfältigen Austausch betrieb er gerne über fachwissenschaftliche Grenzen hinweg, etwa mit Geschichts-, Literatur- und Sozialwissenschaftlern, mit Philologen und Linguisten, woraus sich häufig dauerhafte persönliche Freundschaften entwickelten. Eine enge intellektuelle und freundschaftliche Beziehung verband ihn über viele Jahrzehnte insbesondere mit dem bedeutenden Philosophen und Wissenschaftstheoretiker Hans Albert, der ihn bereits früh in seiner akademischen Laufbahn beeinflusste und förderte.
Axel Bühler positionierte sich gerne entschieden und scheute sich nicht, Meinungsdifferenzen deutlich hervortreten zu lassen. Als Mensch mit Ecken und Kanten konnte er Ironie und spöttischen Humor in einer Form einfließen lassen, die ihm mitunter selbst bei Kontrahenten Sympathie einbrachte. Bezogen auf Axel Bühler ist Authentizität mehr als nur eine Floskel. Private und wissenschaftlich-kollegiale Beziehungen verbanden ihn mit Italien, wohin er immer wieder gerne reiste und wo er kürzere und längere Phasen seiner späteren Lebensjahre verbrachte. Dort und in seiner bayerischen Heimat wanderte er gerne und betrachtete ausgedehnte Bergtouren, sei es alleine oder in Gesellschaft, als Herausforderung und Erholung. Nach seiner Pensionierung kam es durch gesundheitliche Probleme und kompliziertere Lebenskonstellationen zu Unterbrechungen des Austauschs und der Begegnung mit Freunden und Kollegen, was aber nicht zu einem Nachlassen des Interesses führte. „Hast du etwas von Axel gehört?“ war eine über Jahre und bis zuletzt gängige Frage im Institut für Philosophie und darüber hinaus – eine Frage, die immer wieder den Ausgangspunkt ausführlichen Austauschs über den geschätzten Kollegen und Freund bildete.
Die Philosophische Fakultät und das Institut für Philosophie der Heinrich-Heine-Universität werden Axel Bühler in dankbarer Erinnerung behalten.
Christoph Kann / Jochen Lechner