Katharina Naumann

"Wer hat Angst vor Heiligen? Über einige Grenzen (innerhalb) der Moral"

Womöglich freuen Sie sich alle schon darauf, am nahenden Nikolaustag etwas in ihrem Stiefel zu finden. Vielleicht planen Sie aber auch, anderen durch ein kleines Geschenk eine Freude zu bereiten. Nikolaus von Myra zählt zweifelsohne zu den Volksheiligen, weil wir mit ihm dieses Brauchtum verbinden, aber sicherlich auch deshalb, weil er nicht in erster Linie in religiöser, sondern in moralischer Hinsicht als vorbildlich betrachtet wird. Ebendiese Art von „moralischer Heiligkeit“ wird im Zentrum meines Vortrags stehen. Wenn hier also von „Heiligen“ die Rede ist, so als Bezeichnung für Personen, die ein moralisches Ideal exemplifizieren und in moralischer Hinsicht so gut wie möglich handeln. Diese scheinen jedoch ambivalente Reaktionen hervorzurufen: Zum einen fungieren sie selbstverständlich als Vorbilder, die Bewunderung hervorrufen und denen wir nachstreben – oder von dem wir zumindest meinen, dass wir ihnen eigentlich nachstreben sollten. Zum anderen evozieren sie erstaunlicherweise nicht selten ein gewisses Maß an Ablehnung oder gar Spott. Entsprechend behauptet Susan Wolf prominenter Weise: „I don’t know whether there are any moral saints. But if there are, I am glad that neither I nor those about whom I care most are among them.“ (Susan Wolf [1982]: „Moral Saints“, 419) In meinem Vortrag werde ich der Frage nachgehen, wie sich diese ambivalenten Werturteile erklären lassen. Dabei werde ich deren normative Logik unter Rekurs auf verschiedene Arten von Grenzziehungen, etwa der zwischen Pflicht und Supererogation, erhellen.

Zur Person

Katharina Naumann hat Philosophie, Politikwissenschaft und Soziologie an der Universität Gießen studiert. Ebendort erfolgte 2017 die Promotion mit der Arbeit Die Kraft des Exempels. Eine kantische Perspektive auf das Problem der Supererogation. Derzeit ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Magdeburg tätig. Seit kurzem ist sie außerdem Mitglied im Vorstand von SWIP Germany e.V.